Forderungskatalog vom Weltsozialforum 2005

Forderungskatalog vom Weltsozialforum 2005

Weltgesundheitsorganisation WHO
Internationales EMF-Projekt
Frau Dr. Emilie van Deventer
Genf, Schweiz



Betrifft: Framework to Develop Precautionary Measures in Areas of Scientific Uncertainty (Entwurf vom Oktober 2004) - Rahmenprogramm zur Entwicklung von Vorsorgemaßnahmen bei wissenschaftlich ungefestigtem Sachstand

Seminar-Brief “Mobilfunk: Wirkung nichtionisierender Strahlung auf die Gesundheit und die Bedeutung der gesellschaftlichen Kontrolle”, freigegeben auf dem 5. Weltsozialforum, abgehalten in Porto Alegre (Brasilien) vom 26. bis 31. Januar 2005
Allgemeiner Diskussionsbeitrag zum Entwurf des WHO-EMF-Programms
über vorsorglichen Bevölkerungsschutz gegenüber Risikotechnologien

Die Seminarteilnehmer sind beunruhigt wegen des Risikos gesundheitsgefährdender Strahlung, die sowohl von Mobilfunk-Basisstationen als auch von Handys ausgeht. Deshalb haben die Seminarteilnehmer eine öffentliche Erklärung verabschiedet, in der sie der WHO folgende Empfehlungen vorschlagen:

1. In Anbetracht der großen Anzahl wissenschaftlich nachgewiesener intrazellulärer Auswirkungen bei schwacher nichtionisierender Langzeitbestrahlung müssen strengere Grenzwerte eingeführt werden, bezogen auf die ICNIRP-Werte. Anzustreben sind Werte, die dem Schweizer Anlagenwert (ONIR, 814.710 vom 23. Dezember 1999) gleich kommen oder diesen unterschreiten.
2. Im Hinblick auf die Vorsorge sind kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die das Ziel haben, die Hochfrequenzemissionen von Basisstationen und Handys zu reduzieren. Beide sollten mit geringstmöglicher Strahlungsleistung auskommen, wobei sich die Forderung geringstmöglich daran orientiert, was technisch mit vernünftigem Aufwand machbar ist. Zu beachten sind dabei die maximal zugelassenen Absorptionswerte für Menschen aller Altersgruppen und unterschiedlicher Anfälligkeit, einschließlich der von Beschäftigten in der Mobilfunkbranche.
3. Im Zuge des Gesundheits- und Umweltschutzes muss überall dort, wo sich Menschen länger als vier Stunden aufhalten können, der Pegel der nichtionisierenden Strahlung ermittelt und ggf. auf das gleiche Maß gesenkt werden, wie bei den ständig bestrahlten Bevölkerungsgruppen.
4. Die SAR-Messung an Handys muss bei höchster abgestrahlter Leistung erfolgen und von unabhängigen glaubwürdigen Stellen gemäß international empfohlener Messvorschriften (beispielsweise die von CENELEC oder IEEE) vorgenommen werden. Die verwendete Messvorschrift muss den Messabstand zwischen Antenne und Kopf für jede SAR-Messung verbindlich vorgeben.
5. Handyhersteller müssen verpflichtet sein, den höchsten SAR-Wert eines Handymodells auf dem Handy, auf der Umverpackung, im Benutzerhandbuch und im Werbematerial zu nennen. Hierbei muss der Messabstand, mit dem die SAR-Messungen ausgeführt wurden, erkennbar sein.
6. Alle derzeit in Gebrauch befindliche Handymodelle mit einem SAR-Wert oberhalb der empfohlenen Höchstgrenze, müssen von den Herstellern mit einer Rückrufaktion aus dem Verkehr gezogen werden.
7. Den Handyherstellern ist eine Übergangsfrist mit Schlusstermin zu setzen, innerhalb der sie neue Techniken mit geringerem Gefährdungspotenzial für den Anwender entwickeln müssen.
8. Mit einer weltweiten Aufklärungskampagne sollte vor dem Gebrauch von Handys durch Kinder, Jugendliche, Schwangere und alte sowie anderweitig anfällige Menschen gewarnt werden.
9. Werbung für Handys und verwandte Produkte sollte direkt oder indirekt verboten werden, wenn sie auf Kinder und Jugendliche abzielt. Begründen lässt sich dies mit ethischen Grundsätzen des Anzeigenmarketings und mit Warnungen vor den gesundheitlichen Kurzzeit- und Langzeitrisiken bei Handynutzern.
10. Wie es schon im WHO-Entwurf der Vorsorgemaßnahmen vom Oktober 2004 heißt (PDF, Introduction - Objectives, Seite 6, letzter Absatz, sowie in den Anhängen A und B) müssen in den wissenschaftlichen Fallstudien zusätzliche Gefährdungskriterien berücksichtigt werden (physikalische, chemische oder biologische), deren Zusammenwirken für den menschlichen Organismus schädliche Folgen haben könnten.

Porto Alegre, 29. Januar 2005
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